»Alle mal herhören«, sagte Marla. »Das hier ist unser neuer Mitbewohner, Kalli.«
Die vier Kinder drehten die Köpfe.
»Also, Kalli: Der Stricker auf dem Sofa ist Leo. Die beiden am Tisch sind Tara und Bhavani. Und der auf dem Teppich ist Bodhi, Bhavanis kleiner Bruder.«
»Aha.« Kalli stellte seinen Aktenkoffer ab. »Was ist denn mit euren Eltern passiert?«
Marla musste lächeln, weil tatsächlich jedes neue Kind diese Frage stellte. Vielleicht nicht ganz so fix wie Kalli, aber auf jeden Fall wollten die Kinder immer sehr schnell wissen, wie die anderen Smartphone–Waisen ihre Eltern verloren hatten.
»Meine Mutter fiel von einer Pyramide«, sagte Leo und strickte weiter.
»Von einer Pyramide?« Kalli runzelte die Stirn. »Wie kann man denn von einer Pyramide fallen? Wie kommt man überhaupt da hoch?«
»Es war eine mexikanische Stufenpyramide«, erklärte Leo. »Man steigt 91 Stufen hinauf, dann ist man oben.«
Leos Mutter war Influencerin gewesen und hatte im Internet Werbung für ungewöhnliche Kleider und Schuhe gemacht. Als sie in Mexiko die Pyramide hinaufstieg, trug sie flache Turnschuhe und ein rotes Kleid mit zwei langen Bändern, die im Wind tanzten wie rote Schlangen. Oben angekommen, zog sie für ihr Selfie rote Lackschuhe mit hohen Absätzen an, die passten gut zu ihrem Kleid. Doch als ihre Handykamera klickte, verfing sich eins der Bänder im Absatz ihres linken Schuhs, und Leos Mutter stürzte rückwärts von der Pyramide.
»Bei uns war es ein Zugunglück«, erzählte Bhavani. »Wir waren noch sehr klein, und unser Vater wollte uns mit dem Rad zum Kindergarten bringen. Wir saßen hinten im Anhänger.«
»Papa hatte Kopfhörer auf und hörte Musik!«, rief der kleine Bodhi. »Deswegen hat er den Zug nicht bemerkt.«