Großer Ozean

Gedichte für alle

Herausgegeben von Hans-Joachim Gelberg
Broschiert in Fadenheftung, 276 Seiten
Beltz Verlag 2006, Lesealter: 3 bis 99

Der Ozean der Gedichte ist groß. Er bietet einen nahezu unerschöpflichen Poesie-Vorrat – mit mehr als 350 Gedichten und Bildern von über 40 Künstlern. Es geht um die vier Jahreszeiten, um Wind und Wetter, um Menschen und Tiere, um Leben und Lachen. Ob himmelhochjauchzend oder zu Tode betrübt, leicht oder schwer, frech oder nachdenklich: In diesen Gedichten ist die ganze Welt.
Ein Buch für alle Lebensalter.

Leseprobe

Es war einmal ein Mann,
der nahm immer nur ein.
Der wollte schon von Anfang an
ein Allesnehmer sein.

Der hatte ein Haus,
eine Laus,
ein Pferd,
einen Herd.
Der hatte ein Kind,
ein Rind,
eine Frau,
eine Sau.
Der hatte ein Land,
einen Strand,
ein Meer,
ein Gewehr
und ein Auto, ein Boot und Hunger und Durst
und Bier und Brot und Wein und Wurst
und Hemd und Hose und Hund und Katze
und Gold und Geld und 'ne halbe Glatze.
Der nahm immer nur ein
und einer
und einer,
er war der Größte
und alles war kleiner.

Eines Tages ging er umher,
durch sein Land
durch den Sand
an dem Strand
an dem Meer
und fühlte sich müde
und fühlte sich schwer.
Er hatte im Sand nach Schätzen gegraben
und wollte jetzt gleich und sofort etwas haben.
Ihm fiel nur nichts ein
- was könnte das sein?

Da, plötzlich, begann er zu lächeln
und sodann, sich hastig Luft zuzufächeln.
Er hatte nämlich unverdrossen
ganz im Ernst und listig beschlossen,
die Luft in allen Spalten und Ritzen
ab jetzt und sofort ganz allein zu besitzen.
Er atmete einfach nur noch ein
und nie mehr aus - so sollte es sein!
Er atmete eiiin
und einer
und einer
- und fühlte sich feiner.
Er atmete mehr
- und wölbte sich sehr.
Er atmete seichter
- und fühlte sich leichter.
Er atmete knapp,
und plötzlich hob er vom Boden ab
und war so rund wie ein Ballon
und schwebte mit dem Wind davon.

Die Leute kamen gelaufen
und hörten ihn schnaufen.
Er atmete einfach immer nur ein
und einer
und einer,
wurde kleiner
und kleiner,
bis er schließlich mit fächelnder Hand
lächelnd hinter den Wolken
verschwand.

(Salah Naoura: Der Ein- und Allesnehmer)